Im Dörl wurde früher "Päffer" gekocht
Alljährlich beglückt die Natur mal diesen und mal jenen mit großem Erntesegen. Tiefhängende Äste voller Früchte und Fallobst, das man schaufeln kann - wohl dem, der das Obst einem Verwertungsbetrieb, einer Fruchtpresse, zuführen kann. Der Lohn erfolgt meist in Naturalien – Most, Apfel- oder Birnenkraut. Der in unserer Region geläufige Ausdruck „Pasche“ dürfte aus der Franzosenzeit stammen, dem Wortstamm passe. Den eingedickten Saft, der als Brotaufstrich diente, nannte man im Bergischen Land „Päffer“.
Vor 150 Jahren wurde im Dörl eine Pasche errichtet
Der Modellbauer Hans Häger aus Linde erinnert sich gern seiner Jugendzeit, als es im Dorf eine Pasche gab. Sie befand sich am Westhang des Ortes Linde, im so genannten Dörl und bestand fast 90 Jahre. Wilhelm Lurz, der Großvater des letzten Besitzers Paul Lurz, hatte sie gebaut. Die Lurz waren immer bekannt als gute ,,Päfferköcher“. Das klassische Frühstücksbrot war „en Päfferbotter“.
Im Herbst verwerteten die Bauersleute das Obst
Ursprünglich wurde von den Bauersleuten selbst gepascht. Entweder hatte man einen größeren Kupferkessel oder derselbe wurde gegen ein kleines Entgelt reihum entliehen. Es wurde im Freien unter dem Kessel ein Feuer gemacht. Dem Aufkochen folgte, je nach Ausstattung, die mehr oder weniger improvisierte Weiterverarbeitung. Der selbst gemachte Päffer war kaum so wohlschmeckend, vor allem auch nicht so haltbar, wie der vom Berufsköcher hergestellte. Dieser besaß mehr Erfahrung und eine gut eingerichtete Presse.
Je reifer die Früchte - je süsser der "Päffer"
Bevorzugt war Süßobst, wie zum Beispiel die Apfelsorten Hetling und Kehling oder die kleinen gelben Birnen, zu denen einem die Wespen den Weg wiesen. Gut ausgereift, hatten die Früchte den höchsten Zuckergehalt. Das Obst wurde gewaschen und kam anschließend zum Kochen in den großen Kupferkessel. Die gegarte Masse wurde dann in Tücher eingeschlagen und in der Presse unter hohem Druck ausgedrückt. In dem kleineren Kessel wurde der gewonnene Saft eingekocht und durch Abschäumen von Unreinheiten befreit.
Filztücher wurden im Ommerbach gewaschen
Dieser Vorgang währte solange, bis das Wasser weitgehend verdampft und der Saft eingedickt war. So entstanden Apfel- oder Birnenkraut - der Päffer. Gut gekochtem Päffer sagte man jahrzehntelange Haltbarkeit zu zunehmende Schmackhaftigkeit nach. Die Aufbewahrung erfolgte am besten in Steingutgefäßen, es wurden aber auch verzinkte Blecheimer und Milchkannen verwendet. Die beim Pressen benutzten Filztücher trug man auf einer Tragstange geschultert ins Tal, um sie im Ommerbach auszuwaschen.
Schade, dass es die Pasche nicht mehr gibt
Der ausgepresste Obstrückstand, im Bergischen „Oos“ genannt, diente der Viehfütterung. Offensichtlich hat man festgestellt, dass dieses Überbleibsel nur einen geringen Nährwert hat. Deswegen wurde der „Oos“ später meistens genutzt, um irgendeine ,,Kuhl“ auszufüllen, das heißt: er wurde weggeschüttet. Nach der Währungsreform im Jahre 1948 lohnte sich das Betreiben der Pasche im Dörl nicht mehr, deshalb stellte Paul Lurz die Herstellung des Päffers ein. Im Jahre 1954 wurden die beiden großen Kupferkessel verkauft und 1968 das Betriebsgebäude abgerissen. Heute erinnern sich nur noch betagte Einwohner von Linde an die Pasche im Dörl.
Die Kinder spielten gern bei der Pasche
Kindheitsträume motivierten den Modellbauer Hans Häger zum freien Nachbau der Anlage, so wie es seinem Gedächtnis entsprach. Die Innenansicht verrät die Liebe zum Detail. Zwischen den Kesseln und der Presse vermitteln Anordnung und Gerätschaften den Ablauf des Verfahrens, angefangen von der Befüllung über die Beheizung bis zum Fertigprodukt, das im Nebenraum in einem Steintrog aufgefangen wurde. Dort erfolgten Portionierung und Vertrieb.
Mühen und Freuden der guten alten Zeit
An die Pasche im Dörl war eine Scheune angebaut, mit Tenne und einer Wesche in der Getreidegarben gelagert wurden. Es war eine kleine Scheune mit nur einer Wesche. Über der Tenne war die so genannte Schleße, hier wurde Heu gelagert. Das Dreschen mit dem Dreschflegel, der mühevolle Handbetrieb der Häckselmaschine, das Wirken der Päfferköcher, das durch den aufsteigenen Rauch signalisiert wurde, übte auf die Kinder einen ungeheuren Reiz aus. Wer brav fragte, durfte jederzeit gern den Päffer verkosten. Die Freuden der einen wie die Mühen der anderen stellen jedem die Wertung des Begriffes „Gute alte Zeit“ frei.