Gotteshaus "St. Joseph" seit 1869 - Wie Linde zu seiner Dorfkirche kam
Ein Totenzettel aus dem Jahre 1871 ist eines der aufschlussreichsten Zeugnisse zur Entstehung der Pfarrgemeinde „St. Joseph“ Linde. Dort heißt es: „Besonders hat sie (die Verstorbene) ihre Frömmigkeit und Freigebigkeit dadurch bewiesen, dass sie als eine Hauptgründerin der Kirche und zukünftigen Pfarre zu Linde mit zeitlichem Gute sich ein Denkmal gesetzt hat, welches sowohl Gott allein die Ehre gibt als auch nicht durch den Zahn der Zeit vergehen kann“.
Von Ortsansässigen gestiftet
Die Rede ist von der am 13. Mai 1871 in Müllersommer verstorbenen Landwirtin und Mühlenbesitzerin Witwe Christina Angela Broichhaus, verwitwete Schmitz, geborene Höller, umgangssprachlich Höller’s Johanna genannt. Die Landwirte Wilhelm Kühn senior und Wilhelm Kühn junior aus Linde hatten ihr im Jahre 1865 notariell ein Grundstück zur Errichtung einer Kirche und eines Pfarrhauses überschrieben.
Nur ein Dachreiter prägte die Silhouette
Rund 6500 Thaler gab sie, unterstützt von Verwandten und Nachbarn, zum Bau und zur Grundausstattung der dreischiffigen Hallenkirche her, die nach Plänen des Diözesanbaumeisters Vinzenz Statz im neugotischen Stil durch den Wipperfürther Unternehmer Friedrich Becker 1868-69 errichtet wurde. Das Gotteshaus bestand zunächst aus dem Großteil des geplanten Langhauses, dem dreiseitigen Ostchor und einem Dachreiter.
Wunsch nach Eigenständigkeit
Der Grundbesitz samt aufstehender Kirche wurde am 1. Oktober 1869 notariell der katholischen Pfarrkirche „St. Severin“ unter der Zweckbestimmung überschrieben, alles im Falle der Pfarrerrichtung auf die Pfarrei Linde zu übertragen. Die Pfarrerhebung des Rektoratssprengels erfolgte im Jahre 1889. Bis auf den heutigen Tag zeugt die Pfarrgeschichte von fester Willenskraft und großer Opferbereitschaft der Gläubigen.
Nach dem Vorbild der "Mutterkirche"
Den Altar zierte zunächst eine Kreuzigungsgruppe, offenbar nach Lindlarer Vorbild. Die Geschichte der Orgel beginnt bereits 1872. Der Taufstein stammt aus dem Jahr 1884. In den Jahren 1892-93 wurde der westliche Teil der Kirche mit dem Turm fertig gestellt. Es erfolgte der Anbau einer Sakristei. Den Altar aus Kyllburger Sandstein schuf der Bildhauer Eduard Schmitz aus Mülheim 1902 und vollendete sein Werk 1904 mit dem holzgeschnitzten neugotischen Altaraufsatz.
Begehrt - erworben - geschätzt - verworfen
Beeinflusst von Zeitgeist, Bräuchen, Riten, Erfahrungen und Läuterungen dreier Jahrhunderte wurde die wechselvolle Geschichte der Ausstattung. Erinnerungen an Kanzel, Kommunionbank und Säulenheilige verblassen. Der Respekt vor dem tiefen religiösen Empfinden der jeweils zeitgenössischen Gläubigen, denen diese Sakralgegenstände vertraut und heilig waren, rechtfertigt gelegentlich eine wertfreie Darstellungan anderer Stelle.
Hundert Jahre Blitz und Sonnenglut getrotzt
Bei der Renovierung im Jahre 1974 ist insbesondere der grundlegende Umbau der Sakristei zu erwähnen. Außerdem wurde die Heizung saniert und den neuen Erfordernissen angepasst. Der Turmhelm wurde mit Kupfer beschlagen. Am 19. Mai 1993 kam es beim Lackkratzen an den Turmluken zu einem Schwelbrand. Die Turmhaube musste komplett erneuert werden. Löschwasser hatte der Orgel stark zugesetzt. So gehen die Jahre 1993-94 mit einer ausgiebigen Grundrenovierung in die Pfarrgeschichte ein.