Pastor Josef Prinz ist tot - Weltoffen und hilfsbereit nach dem Vorbild des Heiligen Johannes Bosco dem Herrn und den Menschen gedient
"Gutes tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen!" - Diesen Ausspruch des Heiligen Johannes Bosco machte sich der bergische Bauernsohn Josef Prinz zu eigen, als er an dessen Namenfest 1964 zum Priester geweiht wurde - eine Devise, die sein Tun und Dasein bis zu seinem Tod am 3. Dezember 2009 beeinflusste. Die Menschen in Linde lernten ihn 1971 kennen, als er in der Kirchengemeinde "St. Joseph" zum Nachfolger von Pfarrer Heinrich Fehrenberg bestellt wurde. Dort verbrachte er, betreut von seiner lieben Mutter Katharina, 16 wirkungsreiche Jahre.
Seine charismatische Aktivität reichte weit über materielle Hilfen hinaus: "Viel wichtiger ist es, dass man den Menschen etwas zutraut"! So zählt die Gründung der katholischen Frauengemeinschaft Linde zu seinen ersten Verdiensten. Mit seinem unkonventionellen und verbindenden Wesen befreite er die Dorfgemeinschaft von konservativen Strukturen.
Viele Menschen waren noch beeinträchtigt von den Nachwirkungen des Krieges, der Einquartierung von Ausgebombten sowie der Ansiedlung vieler heimatvertriebener Familien, die dem Dorf einen wesentlichen Entwicklungsschub beibrachten. Evangelische Christen brachen das ehemals rein katholische Raster auf. Die zarte Pflanze der Ökumene ist heute zu einem festverwurzelten Baum geworden, in dessen Rinde die Namen von Pastor Josef Prinz und Pastor Kurt Appelt geritzt sind.
Der Gemeinschaftsgeist griff auch auf die übrigen Dorfvereine über. So war Pfarrer Prinz nicht nur ein rühriger Präses der katholischen Frauengemeinschaft Linde, sondern auch der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Linde und des Kirchenchores "St. Cäcilia" Linde und wenn dem Sportverein Linde ein Klassenaufstieg gelang, ließ er spontan die Kirchenglocken läuten.
Umsichtig arrangierte er die konzilsgerechte Umgestaltung des Altarraumes, bewahrte den neugotischen Hochaltar vor der Vernichtung, schaffte wieder eine Krippe an und gründete den Pfarrgemeinderat. Die Restaurierungen der Kirche und der Orgel, der Abriss und Neubau der Sakristei, der Kupferhelm des Turmes und die Bemühungen um eine Friedhofskapelle brachten ihm hinterrücks den Titel "Prinz von Köttingen" ein, da er vortrefflich zu "kötten" verstand, um Unmögliches durch enorme Eigenleistungen der Pfarrgemeinde zu ermöglichen.
Eine weitere Pioniertat war die Einrichtung des katholischen Kindergartens, der zunächst im Untergeschoß des Jugendheimes, später in der Alten Schule untergebracht war, für deren Erhalt er sich ebenfalls vehement eingesetzt hatte. Er lebte und fühlte mit der Volksseele. Sein Wort war in den Bürgerversammlungen von enormem Gewicht, seine Anwesenheit bei Ereignissen gleich welcher Art und Konfession von hochgeschätztem Wert. Im Karneval wurde ihm der Titel "Reisepastor" verpasst. Mit spritzigen Beiträgen, die von Lokalkolorit sprühten, war Pastor Prinz bei allen Veranstaltungen stets ein willkommener Gast. In Würde und Andacht feierte er Gottesdienste mit Karnevalisten und predigte gekonnt auf "Bergisch Platt".
Beim einem Bischofsbesuch ignorierte er den angewiesenen Verzicht auf Ministrantinnen: "Loss dat doch dr Herrjott entscheiden"! Er begegnete jedem Menschen mit ansteckender Lebensfreude, Optimismus und Aktivität. Er ermunterte Pfarrangehörige zum Lektoren- und Kommunionspenderdienst und begleitete Gottfried Radermacher bei der Entscheidung und Verwirklichung Diakon zu werden. Ehrenamtlichen wurden bei den Neujahrsempfängen Anerkennung und Impulse zuteil. Die Pfarrfeste leben heute noch von der uneingeschränkten Einsatzfreude der ganzen Dorfgemeinschaft.
Hochgestochene Worte lagen ihm nicht. Seine Predigten waren verständliche Botschaften, die zu Herzen gingen. Drei Jahrzehnte erfreute sich die Sonntagabendmesse in Linde überregional eines großen Zuspruchs. Der Jugend galt seine besondere Fürsorge. Er forcierte die Erweiterung des Jugendheimes und die Gründung der KLJB-Linde. Wer erinnert sich noch der fantastischen Zeltlager. Seine Exkursionen als Kreisjugendseelsorger eingeschlossen, beklagte Pastor Prinz sein Ischias-Leiden damit, zusammengerechnet ein ganzes Jahr am Lagerfeuer verbracht zu haben.
Seine größte Passion war die Reiselust. Wer sich einmal auf dem Landweg über Skandinavien nach Moskau und einmal über den Balkan und Bosporus bis nach Jerusalem durchgeschlagen hat, der ist dem ewigen Reisefieber verfallen. Gepaart mit seiner Weltoffenheit und Nächstenliebe zog es ihn in die Elendsviertel der Welt. Spontan entwickelte sich daraus die Basar-Tätigkeit in Linde, die inzwischen im vierten Jahrzehnt ihres Bestehens Notleidenden und Unterdrückten Hilfe zur Selbsthilfe vermittelt. Auf vielen Reisen konnten sich Interessierte, die übrigens ihre Reisekosten stets in vollem Umfang aus der eigenen Tasche zahlten, zusammen mit Josef Prinz vor Ort von der Effektivität der Aktionen überzeugen.
Auf einer seiner Reisen war Josef Prinz dem Römer Don Carlo Muratore begegnet, der das Hilfswerk: "Opera di Promozione della Alfabetizzazione nel Mondo", kurz OPAM, gegründet hatte und Betreuer des deutschsprachigen Raumes suchte. Die von Pfarrer Josef Prinz und vielen Helfern aus Linde aufgegriffene Initiative erreichte in wenigen Jahren eine derartige Effizienz, dass daraus der selbständige OPAM-Freundekreis zur Alphabetisierung in der Welt e.V. mit Sitz in Linde wurde, der seit dem 12. September 1980 in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz wirkt. Die regelmäßigen Informationsschriften OPAM-abc dienen der Bewusstseinsbildung, die eingehenden Spenden der weltweiten überkonfessionellen Förderung von Bildungsprojekten.
Gott belohnte die tiefe Gottergebenheit seines eifrigen Dieners, indem er ihn im Alter von 75 Jahren unverhofft in Gnaden aufnahm und ihn vor einem tragischen Siechtum bewahrte. Uns Hinterbliebenen bleiben Worte im Ohr, die Pastor Josef Prinz oft bekundete: "Was man werden lässt, ist richtig, was der Mensch will, da irrt er". Unvergessen sind die von ihm betreuten Wallfahrten zum Heiligen Bruder Nikolaus von der Flüe, mit dessen Gebet er uns über den Tod hinaus Kraft und Mut zuspricht, wenn wir an seinem Grab in Hohkeppel verweilen:
Mein Herr und mein Gott - nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott - gib alles mir, was mich fördert zu dir.
Mein Herr und mein Gott - nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
Hl. Nikolaus von Flüe